Autonomes Fliegen ist das Fliegen durch künstliche Steueranlagen, ohne dass ein Pilot die Möglichkeit hat einzugreifen – anders gesagt: Ein Flugzeug, das von selbst und ohne Pilot fliegt. Dies mag uns bekannt vorkommen, schliesslich haben wir alle schon vom Autopiloten in unseren Passagierflugzeugen gehört. Trotzdem sitzen bei unseren Linienflügen noch immer mehrere Piloten im Cockpit, die jederzeit eingreifen können und manchmal auch müssen. Von autonomem Fliegen kann hier also nicht die Rede sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es nicht so weit kommen kann, denn die Grundsteine dafür wurden bereits gelegt.
Der britische Rüstungs- und Luftfahrkonzern BAE Systems beispielsweise testet ein führerloses Flugzeug bereits auf einer Strecke von 480 Kilometern von Liverpool nach Inverness. Der deutsche Konzern Daimler entwickelt zusammen mit dem Start-up Volocopter Flugtaxis. 2018 erhielt Volocopter als erstes Unternehmen die Zulassung für vollelektrische Flüge und führte im selben Jahr den ersten öffentlichen unbemannten Flug eines kleinen Zweisitzflugzeugs in der Innenstadt Dubais durch. Nun sollen die Flugtaxis in Singapur ab 2023 zahlende Gäste durch die Luft transportieren, bis 2026 soll sogar ein ganzes Streckennetz vorhanden sein. Auch in der Schweiz wird an einem Flugtaxi geforscht: Erste erfolgreiche Testflüge mit einem Elektrolufttaxi, das optisch einem Kleinflugzeug ähnelt, hat der US-amerikanische Flugzeugbauer Boeing zusammen mit dem Schweizer Unternehmen Aurora Swiss Aerospace schon absolviert. Bis zu 80 Kilometer soll das Taxi am Stück zurücklegen können und Platz für bis zu vier Personen bieten.
Quelle: Volocopter
Kostengünstige Alternative mit vielfältigem Einsatzgebiet
Die intensive Forschung und Tests in diesem Bereich zeigen, wie viel sich vom autonomen Fliegen erhofft wird. Schliesslich bieten die unbemannten Luftfahrzeuge einige Vorteile: Durch die Einsparung des Personals werden die Kosten reduziert und der Platz besser ausgenutzt, die Flugzeuge können kleiner sein und so auf engstem Raum starten und landen und schliesslich können pilotlose Einsätze in unsicheren Gebieten erfolgen, ohne dass ein Menschenleben gefährdet wird. Die Einsatzgebiete sind dabei vielfältig: Potenzial besteht für militärische Zwecke (hier finden diese bereits heute Anwendung) aber auch für das industrielle Umfeld, die Inspektion von Gebäudefassaden, Brücken oder landwirtschaftlichen Flächen, die Überwachung von Stromversorgung oder natürlich für den Personenverkehr.
Grosse Herausforderungen warten
Gerade für den Personenverkehr stehen den autonomen Flugzeugen aber noch einige Hindernisse im Weg, denn die Anforderungen sind hoch: Die Flugzeuge müssten in jeglichen Szenarien komplett ohne menschliche Hilfe funktionieren und alle technischen und zwischenmenschlichen Probleme an Bord lösen, so z.B. den schwierigen Übergang vom vertikalen zum horizontalen Flug unter allen möglichen Wetterbedingungen navigieren oder eine harmlose Lichtreflexion von einer potenziellen Gefahr wie einem Vogelschwarm unterscheiden, Triebwerksausfälle, Brände oder platzende Hydraulikleitungen beherrschen und richtig reagieren können bei Vulkanaschewolken, terroristischen Attentaten, falschen Daten oder Computerversagen. «Bei einigen dieser Herausforderungen können uns jedoch, wie beim autonomen Fahren auch, Deep-Learning-Ansätze helfen schneller und besser ans Ziel zu gelangen.» ist Dr. Sebastian Deininger, Leiter Verkehr, Raumplanung, Energie und Umwelt Handelskammer beider Basel, überzeugt. «Das Objekt, in diesem Fall das autonome Flugzeug, sammelt mit der Zeit Erfahrungen und leitet daraus sein Verhalten in ähnlichen Situationen in der Zukunft ab. Es lernt praktisch selbstständig, wobei die Ereignisse datenbasiert, simuliert oder real sein können», erklärt Deininger.
Autonomes Fliegen: (noch) Zukunftsmusik
Doch da der sichere und einwandfrei funktionierende Betrieb absolut unverzichtbar ist, wird es bei der Entwicklung und Einführung von autonomen Flugzeugen keine Abkürzungen geben. Dies ist vor allem aus einem weiteren Grund wichtig: Auch wenn die technischen Hürden in einigen Jahren überwunden sein werden, wartet die nächste grosse Hürde – das fehlende Vertrauen der Menschen in die autonome Maschine. Laut diversen Umfragen fühlen sich Passagiere nicht bereit dazu, sich von einem autonomen Flugzeug transportieren zu lassen. Über die Hälfte aller Befragten in einer Umfrage vom Marktforschungsinstitut GfK in Deutschland verspüren leichtes Unbehagen, Angst oder sogar Panik beim Gedanken an einen pilotlosen Flug. Diese Skepsis lässt vermuten, dass auch wenn die notwendige Technik zwar kommen wird, sie zunächst jedoch primär in Frachtflugzeugen eingesetzt wird. Allerdings laufen auch immer mehr Testfahrten mit selbstfahrenden Autos und viele von uns haben bereits in vollautomatisierten U-Bahnen oder Peoplemovern gesessen ohne es zu merken. So wächst eventuell auch das Vertrauen in unbemannte Flugzeuge mit der Zeit.
In unserem EuroAirport schaut man optimistisch, aber auch realistisch in die Zukunft. Matthias Suhr, CEO des EuroAirports, meint dazu: «Grundsätzlich stehen wir dem Anliegen positiv gegenüber. Vor allem im Bereich des Transports von Frachtgütern sehen wir mittelfristig eine innovative Ergänzung der bestehenden Transportmittel. Wir gehen davon aus, dass die Zertifizierung der Geräte sowie die luftraumtechnischen Anforderungen für einen kommerziellen Betrieb noch einige Jahre in Anspruch nehmen werden.»
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