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«Wir können auf unserem Flughafen jeden Tag zwischen 1946 und 1970 nachstellen»

Der Stolz steht Nicky Scherrer in seine Augen geschrieben, als er uns in seinen zwanzig Quadratmeter grossen Kellerraum im Basler Neubadquartier führt und uns das Modell des alten Flugplatzes Blotzheim präsentiert. Er knipst das Licht an und plötzlich befinden wir uns in die späten 1960-er Jahre zurückversetzt, als der heutige EuroAirport eher Flugplatz denn Flughafen war. Zusammen mit Roger Frossard und Andy Herzog hat Nicky Scherrer dieses Modell im Massstab 1:200 über die letzten Jahre gebaut. Mindestens einmal pro Woche trifft man sich hier in diesem Keller und feilt an vielen verschiedenen Details, um das Modell noch realitätsnäher zu gestalten. Es überrascht wenig, dass alle Erbauer eine starke und emotionale Verbindung zur Fliegerei haben: Nicky Scherrer hat vierzig Jahre für Skyguide in Zürich gearbeitet; Andy Herzog ist ein sogenannter Spotter, der seit vielen Jahrzehnten mit grosser Passion Flugzeuge fotografiert und Roger Frossard ist Mitgründer des früheren Aviatik-Magazins «World Air News» und Besitzer einer sehr umfassenden Dia-Sammlung von Flugzeugen.


Faszinierend für das Auge ist in der Tat der hohe Detailierungsgrad der Anlage: Auf der Piste sieht man die Bremsspuren der Flugzeuge; die Flugzeuge und die Fahrzeuge sind mit dem damals aktuellen Logo gekennzeichnet; die verschiedenen Flughafengebäude wurden teilweise von Architekturbüros realitätsgetreu rekonstruiert; man sieht einzelne Koffer, die verladen werden; die Passagiere tragen jene Kleider, die man in diesen Zeiten getragen hat.

Es geht den begeisterten Aviatik-Spezialisten aber um weit mehr als nur um eine detailgetreue Kopie des Basler Flughafens, betont Nicky Scherrer: «Wir haben alle Daten und alle Flugzeugtypen der Airlines, die auf dem Flughafen landeten, um jeden Tag zwischen 1946 und 1970 nachzustellen. Unsere Daten decken 76 Betriebsjahre ab, was es wohl von keinem anderen Flughafen auf der Welt gibt.»


Und er ergänzt: «Die Daten stammen unter anderem aus Station Books und Daily Flight Records der damaligen Airlines wie Balair, Globe Air, Air Links, Swissair und weiteren, die wir über die letzten Jahre akribisch gesammelt haben. Seit kurzer Zeit haben wir nun all diese Daten auch digital verfügbar». Der weitreichende Datensatz erlaubt es, gesellschaftspolitisch und historisch interessante Fragen, die weit über die reine Fliegerei hinausgehen, wissenschaftlich zu beantworten: Welche Regionen wurden in dieser Zeitperiode angeflogen? Wie lange dauerte ein Flug nach Madeira in einem bestimmten Jahr? Wieviel kostete dazumal ein Flugticket? Welche Baslerinnen und Basler konnten sich zu jenen Zeiten überhaupt einen Flug in die Ferien leisten und wo verbrachten sie ihre Ferien? Wie wirkten sich Weltereignisse wie etwa Kriege auf das Geschehen am Basler Flughafen aus?


Nicky Scherrer und seiner Mitstreiter haben auch eine klar umrissene Wunschvorstellung, wie das Modell und die umfassende Datensammlung in Zukunft einen breiteren Nutzen stiften könnten: «Wir sind in Gesprächen mit dem EuroAirport über die Möglichkeit, das Modell am Flughafen auszustellen und es auf diese Weise allen Flugreisenden zugänglich zu machen. Gerne würden wir auch mit Hochschulen, wie etwa der Universität Basel, ins Gespräch kommen, wie und in welchem Kontext die qualitativ hochstehenden Datensätze für wissenschaftliche Arbeiten genutzt werden könnten.»


Am besten machen Sie selbst eine Zeitreise und schauen sich die Fotoserie an!


Seaboard World Canadaair CL-44, Frachtkurs aus New York. Seit den späten Fünfzigerjahren flog Seaboard World von New York nach Basel. Dies bis etwa 1973.



Autair «Ambassador», ein altes Kolbenmotorflugzeug aus England, typisch ist sein dreiteiliges Heck, ähnlich der «Super Constellation». Autair verband London-Luton mit Basel von etwa 1963 bis 1969.



Blick auf den alten französischen Teil des Flugplatzes, «French» genannt, mit dem alten Funkturm und dem links angegliederten Meteogebäude, das in noch früherer Zeit auch einmal der «Tower» war.

Das Ankunftsgebäude ist mit roter Aufschrift «Bâle-Mulhouse» markiert. Auf dem Vorplatz steht eine Douglas DC-4 der Air France, die den Flugplatz linienmässig mit Rabat und Casablanca verband.



Air Links, eine weitere englische Charterfluggesellschaft, die London-Gatwick mit Basel verband. Hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1964. Im Bild eine Handley Page «Hermes».



Nahaufnahme des ganzen französischen Teils, damals auch Barackendorf genannt. Im Hintergrund der Schweizer Teil mit den Hangars links und dem Restaurant umrandet von Bäumen.



Nachtaufnahme mit Schnee des Balair Maintenance Areals inklusive dem legendären «Lucky Strike» Hangar, der schon in Birsfelden-Sternenfeld stand.

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