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Effiziente Logistik für die Dreiländerregion: Der EuroAirport als Fracht-Hub

Der EuroAirport Basel ist eine bedeutende Drehscheibe im internationalen Frachtgeschäft. Im Gespräch mit Fabrizio Ricca, Leiter Betrieb Fracht, und Mike Schwyn, Leiter Entwicklung Airlines & Fracht, haben wir uns über aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen im Frachtgeschäft informiert. Besonders die Life-Sciences-Industrie nutzt den Flughafen intensiv, aber auch andere Branchen der Dreiländer-Region profitieren von den effizienten Logistiklösungen. Die Digitalisierung und Automatisierung haben in den letzten Jahren zu erheblichen Prozessoptimierungen geführt. Herausforderungen wie steigende regulatorische Anforderungen oder geopolitische Spannungen versucht der Flughafen durch eine enge Zusammenarbeit mit den Kunden und mit innovativen Lösungen zu meistern.


Fracht am EuroAirport Basel
Fabrizio Ricca & Mike Schwyn am Ort der täglichen Arbeit - dem EuroAirport. Foto zVg.

Welche Rolle spielt der EuroAirport Basel im internationalen Frachtgeschäft?   

Michael Schwyn: Der EuroAirport Basel spielt eine wesentliche Rolle im internationalen Frachtgeschäft, insbesondere als regionale Logistikinfrastruktur zur Unterstützung der exportorientierten Wirtschaft der Dreiländerregion. Mit moderner und effizienter Infrastruktur stellen wir sicher, dass die regionalen Exportunternehmen ihre Waren zeitgerecht und zuverlässig in die wichtigsten internationalen Märkte liefern können.

Dank der hohen Dichte an spezialisierten Logistikunternehmen am EuroAirport und rund um den Flughafen sowie der geografisch strategischen Lage, kann der EuroAirport einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass hier ansässige Unternehmen im globalen Wettbewerb wettbewerbsfähig sind. Der Flughafen ist ein Bindeglied zwischen der regionalen Produktion und der weltweiten Handelszentren und trägt somit massgeblich zur wirtschaftlichen Stärke unserer Region bei.


Welche Branchen nutzen den EuroAirport besonders intensiv für ihre Frachttransporte?   

Michael Schwyn: Im Frachtgeschäft des EuroAirport Basel spielt zweifellos die Life-Sciences-Industrie eine sehr wichtige Rolle. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich neben den beiden führenden Pharmaunternehmen Novartis und Roche zahlreiche weitere Pharma- und Biotech-Firmen in der Region angesiedelt. Viele dieser Unternehmen zählen mittlerweile auch zu den regelmässigen Kunden im Frachtgeschäft. 

Darüber hinaus spielen auch andere Industrien eine bedeutende Rolle. Auch die Maschinenbau-, Uhren-, Auto- und Tabakindustrie sowie zahlreiche weitere Sektoren nutzen den EuroAirport für den weltweiten Versand ihrer Produkte. Diese Vielfalt an Branchen unterstreicht die Bedeutung des Flughafens als logistische Drehscheibe. 


Was sind die grössten Herausforderungen, mit denen Sie aktuell konfrontiert sind?   

Fabrizio Ricca: Eine der grössten Herausforderungen besteht darin, die hohen Qualitätsstandards kontinuierlich zu erfüllen und sich gleichzeitig an deren ständigen Weiterentwicklung anzupassen. Der Bau einer modernen Infrastruktur allein reicht nicht aus, es erfordert fortlaufende Anpassungen an regulatorische Vorgaben, Qualitätsprozesse und betriebliche Effizienzmassnahmen.


Michael Schwyn: Zudem ist es essenziell, den engen Austausch mit unseren Kunden zu pflegen, um die sich wandelnden Bedürfnisse und Erwartungen frühzeitig zu erkennen und umzusetzen. Dies erfordert ein hohes Mass an Flexibilität und Engagement. Wir sind überzeugt, dass es uns bisher gut gelungen ist, diesen Herausforderungen gerecht zu werden und unsere Position als verlässlicher Partner der Logistikkette weiter zu stärken.


Wie hat sich die Luftfrachtbranche in den letzten zehn Jahren verändert und welche Trends sehen Sie für die Zukunft?  

Fabrizio Ricca: Wie in vielen anderen Branchen, haben sich auch die Entwicklungen in Luftfracht in den letzten zehn Jahren stark beschleunigt. Besonders im Bereich Digitalisierung und «Paperless Air Cargo» wurden grosse Fortschritte erzielt. Während in der Vergangenheit pro Sendung umfangreiche Papierdokumente mitgeführt wurden, sind es heute dank der Digitalisierung, wenn überhaupt, nur noch wenige Dokumente. Diese Entwicklung hat die Prozesse erheblich vereinfacht und die Effizienz gesteigert. 

Ein weiterer signifikanter Wandel zeigt sich in der Wettbewerbslandschaft. Während der Schweizer Luftfrachtmarkt vor einem Jahrzehnt noch als etwas abgeschottet galt, konkurriert er heute preislich direkt mit den grossen europäischen Märkten. Dies hat dazu geführt, dass sich die Rendite bei den Frachttarifen , die früher rund 10–15 Prozent über denen im Ausland lagen, inzwischen weitgehend angeglichen haben. 

Für die Zukunft erwarten wir eine weitere Automatisierung und Digitalisierung der Prozesse sowie eine stärkere Fokussierung auf Lösungen im Hinblick auf eine CO₂-Reduktion.


Welchen Einfluss haben globale Krisen, wie die COVID-19-Pandemie oder die aktuellen geopolitische Spannungen, auf den Frachtbetrieb am EuroAirport?   

Fabrizio Ricca: Globale Krisen wie die COVID-19-Pandemie oder geopolitische Spannungen haben erhebliche Auswirkungen auf den Luftfrachtsektor, und auch der EuroAirport bleibt davon nicht unberührt. Während die COVID-19-Pandemie für viele Branchen eine grosse Herausforderung darstellte, unterstrich sie zugleich die zentrale Rolle der Logistik, insbesondere der Luftfracht. In einer Zeit, in der viele Transportwege durch geschlossene Grenzen oder eingeschränkte Mobilität beeinträchtigt waren, erwiesen sich bestehende Luftfrachtverbindungen als essenzielle Versorgungsbrücken. Dies verdeutlichte einmal mehr die wirtschaftliche und gesellschaftliche Relevanz dieses Sektors. Auch wenn diese besondere Wahrnehmung inzwischen wieder etwas in den Hintergrund getreten ist, sind wir stolz darauf, in dieser herausfordernden Phase einen wichtigen Beitrag zur Versorgung geleistet zu haben.


Michael Schwyn: Wahrscheinlich ist kein anderer Sektor so dynamisch wie der Frachtsektor. Geopolitische Spannungen, etwa Handelskonflikte und Finanzkrisen, machen sich in der Luftfracht besonders schnell bemerkbar. Die Luftfracht gilt deshalb auch als Frühindikator von internationalen Entwicklungen. Am EuroAirport profitieren wir von einer starken Position im Life-Sciences-Sektor: Über 50 Prozent der transportierten Güter stammen aus dieser Branche, die häufig von Straf-Zöllen oder Sanktionen ausgenommen sind. Da der Zugang zu medizinischen Produkten und Therapien weltweit von zentraler Bedeutung ist, bleibt dieser Bereich weitgehend stabil. Andere Warengruppen hingegen unterliegen stärker den wirtschaftlichen und politischen Schwankungen, was sich auch auf unser Frachtvolumen auswirkt.


Welche technologischen Innovationen haben das Frachtgeschäft in den letzten Jahren besonders geprägt?   

Fabrizio Ricca: Die Luftfrachtbranche ist von einer aussergewöhnlich hohen Zahl an Stakeholdern geprägt, vom Versender über das LKW-Unternehmen, den Spediteur, die Abfertigungs-Gesellschaften und die Airline bis hin zum Zoll und den Verzollungsagenten des jeweiligen Landes. Jeder einzelne dieser Akteure trägt dazu bei, dass eine Sendung ihr Ziel erreicht, und in vielen Fällen sind an einem einzigen Transportprozess bis zu 100 Personen direkt oder indirekt beteiligt, sei es physisch oder digital.

Daher liegen die bedeutendsten technologischen Innovationen der vergangenen Jahre vor allem in der Optimierung und Digitalisierung dieser komplexen Prozesse. Ziel ist es, Abläufe zwischen den verschiedenen Stakeholdern zu harmonisieren, zu vereinfachen und einen nahtlosen, effizienten Datenaustausch sicherzustellen. 

Eine der grössten Herausforderungen, aber zugleich auch eine der spannendsten Entwicklungen, besteht darin, diese Standardisierung und Prozessoptimierung auf globaler Ebene voranzutreiben. Fortschritte in der digitalen Vernetzung, Automatisierung und Datenanalyse spielen dabei eine Schlüsselrolle und prägen das internationale Frachtgeschäft langfristig.


Wie nutzt der EuroAirport Digitalisierung und Automatisierung, um Prozesse effizienter zu gestalten?   

Michael Schwyn: Zunächst ist es wichtig zu betonen, dass der Frachtbetrieb am EuroAirport grösstenteils von den ansässigen Airlines und Logistikunternehmern abgewickelt wird. Der Flughafen selbst fungiert in erster Linie als Dienstleister und Eigentümer der Infrastruktur. Als Vermieter und Regulierungsinstanz sorgt er für die Einhaltung der von den französischen Behörden vorgegebenen betrieblichen Rahmenbedingungen. 

Dennoch engagieren wir uns durch unsere Präsenz in verschiedenen Organisationen wie zum Beispiel dem Logistikcluster der Region Basel oder der IG Air Cargo Basel, weshalb wir eng in die Fachgemeinschaft eingebunden sind. In dieser Rolle fördern wir den Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren, stossen Prozessverbesserungen an und unterstützen als Vermittler die Umsetzung effizienter Lösungen.


Welche Bedeutung hat das Cargo Terminal für den EuroAirport heute und welche Entwicklungen gab es in den letzten zehn Jahren?  

Michael Schwyn: Der EuroAirport hat drei Geschäftsfelder: Passagierflüge und damit verbunden die Destinationssicherstellung und -entwicklung, die Industrie, d.h. die Wartung und der Umbau von Flugzeugen und die Fracht, welche die Vollfracht wie auch die Expressfracht miteinschliesst. Das Cargo Terminal (Vollfracht) spielt eine entscheidende Rolle für den EuroAirport. Jährlich werden hier in etwa Waren im Wert von rund 10 Prozent der gesamten Schweizer Exporte abgefertigt.


Fabrizio Ricca: Die Entwicklungen der letzten zehn Jahre wurden sowohl durch technologische als auch durch infrastrukturelle Innovationen vorangetrieben. Dazu zählen beispielsweise der grosse Kühlraum für 16 Luftfrachtpaletten der Firma AFH, das «Cool & Connect»-Produkt von Swissport für die Kühlcontainerbeladung, bei welcher wir europaweit volumenmässig zu den Top 3 Flughäfen zählen, sowie der «Pharma Bypass», welcher dem Handling Agent Swissport erlaubt, temperaturkontrollierte Fracht innerhalb von nur drei Minuten nahtlos vom Temperatur kontrollierten Cargo Terminal in ein ebenso temperiertes Flugzeug zu verladen.


Welche Massnahmen wurden ergriffen, um das Cargo Terminal nachhaltig und zukunftssicher zu gestalten?   

Fabrizio Ricca: Das Cargo Terminal wurde nach den Vorgaben des HQE-Nachhaltigkeitszertifikat errichtet, das für hohe Energieeffizienz und eine ergonomische Gestaltung steht. Die 21’000 Quadratmeter grosse Hallenfläche wurde gemäss den Temperaturkontrollstandards der International Air Transport Association (IATA) und WHO gebaut, um optimale Lagerbedingungen für die Pharma-Produkte zu gewährleisten. Zudem ist der gesamte Betrieb nach dem IATA-CEIV-Pharma-Standard zertifiziert, wodurch die hohen Anforderungen der pharmazeutischen Industrie erfüllt werden.


Michael Schwyn: Nachhaltigkeit ist ein kontinuierlicher Prozess, und wir setzen laufend Massnahmen um, um den ökologischen Fussabdruck des Cargo Terminals weiter zu reduzieren. So wurde beispielsweise die gesamte Beleuchtung, sowohl in den Bürobereichen als auch in der Frachthalle, auf energieeffiziente LED-Technologie umgestellt, was eine erhebliche Energieeinsparung erbracht hat. Darüber hinaus wurde das Cargo Terminal vor zwei Jahren an eine Biogaspipeline angeschlossen, wodurch eine nachhaltige Energiequelle genutzt wird. Die erwähnten Massnahmen sind Teil des vom EuroAirport freiwillig gesetzten Zieles, bis spätestens 2030 die CO₂-Neutralität als Flughafenbetreiberin zu erreichen.


Gibt es konkrete Ausbau- oder Modernisierungspläne für den Frachtbereich in den kommenden Jahren? 

Michael Schwyn: Unser modernes Cargo Terminal wurde dafür ausgelegt, dass auch ein langfristiges Wachstum der lokalen Frachtvolumen absorbiert werden kann. Daher besteht kurzfristig kein Bedarf für einen Ausbau. Dennoch stehen wir stehts in engem Austausch mit allen relevanten Akteuren der Luftfrachtlieferkette, um sicherzustellen, dass wir auf wichtige Trends und sich verändernde Bedürfnisse rechtzeitig reagieren können. So stellen wir sicher, dass unser Terminal auch in den kommenden Jahren den Anforderungen des Marktes gerecht wird. 

 

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