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Die Festlegung der Betriebszeiten ist ein anspruchsvoller Balanceakt

Kürzlich hat der Landrat der Baselbieter Eigentümerstrategie zum Flughafen Basel-Mülhausen deutlich zugestimmt. Neu darin ist das strategische Ziel eines Nachtflugverbots zwischen 23 Uhr und 6 Uhr – mit möglichen Ausnahmen bei der Expressfracht. Diesen Entscheid haben wir zum Anlass genommen, das Thema Betriebszeiten des EuroAirports grundsätzlich zu beleuchten und verschiedene Perspektiven von Nutzern des Flughafens einzuholen. Wenig überraschend zeigt sich, dass die Festlegung der Betriebszeiten ein anspruchsvoller Balanceakt ist, bei welchem es gilt, die Bedürfnisse des Flughafenbetreibers, der Fluggesellschaften, der Passagiere, der Frachtkunden und der Anwohner aufeinander abzustimmen.



Das Zeitfenster, während dessen Flugzeuge starten und landen können, sind für einen Flughafen und seine Nutzer von zentraler Bedeutung. Die Betriebszeiten hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel von nationalen und lokalen Gesetzen, von den Anforderungen der Fluggesellschaften und von den Kapazitäten des Flughafens selbst. Eine Verkürzung der Betriebszeiten kann zu Einschränkungen der Flugpläne führen und sich auf die Gesamtkapazität des Flughafens auswirken. Auf der anderen Seite kann eine Verlängerung der Betriebszeiten mehr Lärm für die Anwohner bedeuten. Daher gilt es bei der Festlegung der Betriebszeiten, die Bedürfnisse des Flughafenbetreibers, der Fluggesellschaften, der Passagiere, der Frachtkunden und der Anwohner sorgfältig abzuwägen.



Der Landrat setzte in erster Linie ein politisches Zeichen


Kürzlich hat der Landrat die Eigentümerstrategie «Flughafen Basel-Mulhouse» verabschiedet. Demnach soll beim EuroAirport ein Nachtflugverbot zwischen 23 und 6 Uhr eingeführt werden, wobei Ausnahmen gestattet sind. Balz Stückelberger, FDP Landrat, kommentiert den Entscheid des Baselbieter Kantonalparlamentes wie folgt: «Der Landrat hat damit vor allem ein politisches Zeichen gesetzt. Ob und wann dieses Zeichen umgesetzt werden kann, ist noch nicht klar, weil die Festlegung der Betriebszeiten des Flughafens nicht in die Kompetenz des Landrats fällt. So oder so braucht es für jede weitere Ausweitung der Nachtsperre zwingend eine enge Absprache mit den auf dem Flughafen ansässigen Fluggesellschaften und namentlich den Expressfracht-Gesellschaften».


Die aktuell gültigen Betriebszeiten des EuroAirports werden von der französischen Zivilluftfahrtbehörde (DGAC, Direction générale de l’aviation civile) festgelegt. Im Rahmen der Nachtruhe gilt – abgesehen von Ausnahmebewilligungen, welche durch die Zivilluftfahrtbehörde erteilt werden – ein generelles Startverbot zwischen 00 Uhr und 06 Uhr und ein generelles Landeverbot zwischen 00 Uhr und 05 Uhr. Ausserdem dürfen seit dem 1. Februar 2022 zwischen 23 Uhr und 00 Uhr keine Starts geplant werden.



Eine konkurrenzfähige Logistikplattform ist ein wesentlicher Standortfaktor


Entscheidende Auswirkungen haben Veränderungen der Betriebszeiten mitunter auf Expressfracht-Dienstleister. So auch auf DHL Express Schweiz. Das Unternehmen ist Teil des weltgrössten Logistikkonzerns Deutsche Post DHL und bietet am EuroAirport die Abfertigung von Geschäfts- und Privatkundensendungen aus dem Ausland für die Feinverteilung in der Schweiz sowie die Abfertigung von Export-Sendungen an Destinationen weltweit an.


Aus Sicht von Michael Jutzi, Director Marketing & Business Development von DHL Express Schweiz, sollten die Betriebszeiten so «grosszügig» wie möglich gehalten sein: «Die aktuellen Betriebszeiten erachten wir nicht als grosszügig, aber immerhin als operativ günstig und sinnvoll. Die Region Nordwestschweiz ist wirtschaftlich für die Schweiz sehr bedeutend und somit für uns als internationaler Dienstleister im Express-Transportgeschäft eine wichtige Region. Umso wichtiger ist es, den international tätigen Unternehmen mit dem EuroAirport eine effiziente und hinsichtlich der operativen Zeiten eine konkurrenzfähige Plattform anzubieten. Das Angebot an Logistikdienstleistungen ist nicht zuletzt auch ein wesentlicher Standortfaktor für Unternehmen.»


Michael Jutzi ergänzt: «Grundsätzlich sind die Prozesse für die Export-Abwicklung, das Handling und die Beladung auf die Flugzeuge maximal optimiert. Wir müssen daher vom Zeitpunkt des Take-Offs zurückrechnen, um die spätestmögliche Abholung beim Kunden zu bestimmen. Werden die Betriebszeiten um eine halbe Stunde reduziert, dann muss der Kunde seine Produkte einen halbe Stunde früher zum Versand bereitstellen. Dies verringert den Fertigungszeitraum, der für Waren zur Verfügung steht, die eine gewisse terminliche Relevanz haben. Als Folge würden Unternehmen andere Transportmodalitäten oder mittelfristig allenfalls andere Produktionsstandorte in Betracht ziehen. Für Anbieter wie DHL Express könnte dies zu einem Umsatzverlust und mittelfristig auch zu einer Verschiebung von Aktivitäten auf andere Logistikdrehscheiben führen.»


easyJet, die grösste Fluggesellschaft auf dem EuroAirport, ist sich laut eigenen Angaben der Bedeutung der nächtlichen Flugsperre bewusst: «Wir arbeiten gemeinsam mit den lokalen Behörden zusammen, um sicherzustellen, dass diese eingehalten wird. Als führende Fluggesellschaft am EuroAirport müssen wir weiterhin die Attraktivität an diesem für uns wichtigen Standort sicherstellen. Die Bahnverbindungen, die Infrastruktur und die Betriebszeiten des Flughafens sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren. Eine Verlängerung der nächtlichen Flugsperre würde sich auf die Anbindung der Region und auf die Wirtschaft auswirken, da sie das Angebot an Flugverbindungen und den Betrieb der easyJet-Basis beeinträchtigt.»



Der Flughafen trifft verschiedene Massnahmen zur Verringerung des Nachtfluglärms


Weitere Änderungen der Betriebszeiten sind derzeit jedoch nicht geplant. Für Matthias Suhr, CEO des EuroAirports, sind die Betriebszeiten zur Sicherstellung einer ausreichenden Nachtruhe für die umliegende Bevölkerung essenziell: «Aus diesem Grund gibt es in der Schweiz einerseits entsprechende Mindestregelungen auf Bundesebene. Die drei schweizerischen Landesflughäfen haben diese Regelungen in ihren Betriebsreglementen umgesetzt und zum Teil verschärft.» Und Suhr ergänzt: «Gerade die Zeit zwischen 22 und 06 Uhr ist lärmmässig sensibel. Aus diesem Grund haben wir am EuroAirport verschiedene Massnahmen zur Verringerung des Nachtfluglärms ergriffen.


Dazu gehören die Umsetzung des langfristig ausgerichteten Projektes der Einführung von begrenzenden Lärmkurven, die Optimierung der Flugrouten und Abflugverfahren, tarifäre Anreize für leisere Flugzeuge, die Anpassung des Lärmmesssystems sowie die Verbesserung der Kommunikation der Umweltdaten.»


Eine wichtige Massnahme zur Reduktion des Nachtfluglärms trat am EuroAirport am 1. Februar 2022 in Kraft: Ein Verbot geplanter Starts zwischen 23 Uhr und Mitternacht sowie ein Verbot von Starts und Landungen besonders lauter Flugzeuge in den Nachtstunden zwischen 22 Uhr und Mitternacht sowie zwischen 05 und 06 Uhr. Laut Matthias Suhr zeigt sich ein Jahr nach der Einführung, dass diese Massnahme die Erwartungen noch nicht ganz erfüllen konnte: «Alle Beteiligten, die französischen und schweizerischen Aufsichtsbehörden, der Flughafen und die Airlines arbeiten deshalb derzeit gemeinsam an Lösungen, um die Wirkung der Massnahme zu verbessern.»


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